New York Subway Poster
- 1983
- Lithographie und Siebdruck auf Maschinenbütten
28 x 71 cm - Auflage: 120 + 12 A. P. + 6 P. P. + 5 H. C. + einige a. p., signiert und nummeriert
- Herausgeber: Strother/Elwood Arts, New York
- Werkverzeichnis Nr. 470
Anfang der 1970er Jahre entwickelte Beuys sein Konzept des „erweiterten Kunstbegriffs“, mit dem er alle traditionellen Vorstellungen vom Kunstwerk sprengte. Mit der „plastischen Theorie“ verband er die Auffassung, dass nicht bloß bestimmte Objekte Kunstwerke seien, sondern vielmehr alle Formen von kreativem Denken und Handeln. In diesem Zusammenhang prägte er die Formeln „Kreativität = Volksvermögen“ und „Kunst = Kapital“, die in knapper Form zum Ausdruck bringen, dass die Voraussetzung für eine positive Entwicklung der Gesellschaft nicht etwa auf Geld beruht, sondern auf Kunst und Kreativität.1
Dieses Konzept vermittelte Beuys durch das Multiple New York Subway Poster auch Leuten, die er über seine sonstigen künstlerischen Projekte nicht hätte erreichen können – die Nutzer der New Yorker U-Bahn. Es entstand im Auftrag der Künstlergruppe Group Material in einer Auflage von 120 Exemplaren, die anstelle der üblichen Werbebanner unterhalb der Fenster in den Zügen plakatiert wurden.2 Zentrale Aussage ist der in roten Druckbuchstaben gedruckte Slogan CREATIVITY = CAPITAL (Kreativität = Kapital). Den Hintergrund des Plakats bildet der Ausschnitt eines seiner Tafeldiagramme, mit denen er bei Vorträgen seine Ideen erläuterte. Der Inhalt des Diagramms ist schwer zu entschlüsseln und bleibt insofern etwas rätselhaft, wohingegen der auffällige Slogan an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt.
Beuys hat seine Multiples mehrfach als „Vehikel“ bezeichnet, mit denen seine Ideen in Umlauf gebracht werden sollen. Bei dem New York Subway Poster darf man das ganz wörtlich nehmen. Und die New Yorker Pendler kamen in den seltenen Genuss einer Werbung, die keinerlei kommerzielle Funktion hatte.
Für eine genaue Darstellung von Beuys’ „Erweitertem Kunstbegriff“ im Kontext von Gesellschaft und Wirtschaft vgl. Johannes Stüttgen, „Der Kapitalbegriff bei Joseph Beuys“, in: Christel Raussmüller Sauer (Hrsg.), Joseph Beuys und das Kapital, Hallen für neue Kunst, Schaffhausen 1988, S. 102. ↩
Zu dem Projekt siehe Glenn O’Brian, „Group Material“, in: Artforum, Band XXII, Nr. 4, Dezember 1983, S. 80–81. ↩
© Mario Gastinger, Photographics, München