Demokratie ist lustig
- 1973
- Siebdruck auf Karton, mit handschriftlichem Text
75 x 114,5 cm - Auflage: 80, nummeriert und signiert
- Herausgeber: Edition Staeck, Heidelberg
- Werkverzeichnis Nr. 68
Der Siebdruck schildert jenen Moment am 11. Oktober 1972, als Beuys die Düsseldorfer Kunstakademie verlassen musste. Vorlage war eine Fotografie von Ernst Nanninga, die Klaus Staeck vergrößert und koloriert hat. Beuys, der seit 1961 eine Professur an der Akademie innehatte, begann 1971 mit ersten Protesten gegen die restriktiven Auswahlkriterien der Akademie. Da das Recht auf Ausbildung für ihn ein Menschenrecht darstellte, nahm er alle Bewerber in seine Klasse auf, die von der Akademie abgelehnt worden waren. Im Zuge dieser Proteste besetzte er zusammen mit 16 abgelehnten Bewerbern das Sekretariat der Akademie, um die Abschaffung der Aufnahmekriterien durchzusetzen. Die erste Aktion im Jahr 1971 verlief zunächst noch erfolgreich, wohingegen deren Wiederholung im folgenden Jahr zu einer heftigen Reaktion seitens der Akademie führte: Ihr Direktor, Eduard Trier, rief die Polizei, und Beuys musste das Gebäude verlassen.1
Nanningas Fotografie zeigt, wie Beuys mit seinen Studenten an den Polizisten vorübergeht, die sich rechts und links aufgebaut haben. Während diese das Geschehen eher teilnahmslos oder auch mit verächtlicher Miene verfolgen, lächelt Beuys. Als wolle er seine heitere Miene erklären, hat er über die Mitte der Aufnahme geschrieben „Demokratie ist lustig“. Aber worin besteht hier eigentlich die Komik? In Beuys’ Fähigkeit, der Provokation auch ihre heiteren Seiten abzugewinnen? Oder darin, dass Triers heftige Reaktion die Akademie als eine höchst undemokratische Institution entlarvte, die nicht weiter ernst zu nehmen war? In jedem Fall kam das Multiple einer weiteren Provokation gleich, die Beuys’ Anliegen umso bekannter machte.
Für eine Zusammenfassung dieser Ereignisse vgl. Götz Adriani, Winfried Konnertz und Karin Thomas, Joseph Beuys, Köln 1994, S. 130 ff. ↩
© Mario Gastinger, Photographics, München